09.05.2025 – Redaktion

Bewegendes Gedenken

Eine immerwährende Mahnung

Ein bewegendes Zeichen des Gedenkens, der Vielfalt und des starken Zusammenhalts setzte am 8. Mai die Veranstaltung in der Burg Seevetal.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa versammelten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, um gemeinsam innezuhalten und ein kraftvolles Zeichen für Frieden und Freiheit zu setzen.

Bürgermeisterin Emily Weede eröffnete die Gedenkfeier mit eindringlichen Worten. Sie sprach von einem „Fest des Friedens in unserem Land“, das zugleich eine „immerwährende Mahnung“ sei, sich unermüdlich für Frieden und Freiheit einzusetzen. Emily Weede schilderte sehr persönlich die Ereignisse vom 8. Mai 1945, als ihre Familie von englischen Soldaten – einst der „Feind“ – eingeladen wurde, gemeinsam auf den Frieden anzustoßen.

Sie betonte, dass an diesem Tag nicht der Sieg der Alliierten oder die Niederlage Nazi-Deutschlands im Vordergrund stand, sondern die gemeinsame, wiedererlangte Freiheit.

Auch der stellvertretende Gemeindearchivar Dr. Jörn Lindner regte mit seiner Frage „Ist es ein Tag der Befreiung oder der Kapitulation?“ zum Nachdenken an. Er unterstrich, dass Geschichte zwar unveränderlich sei, die Art und Weise ihrer Erzählung und Wahrnehmung jedoch sehr wohl. Im Rahmen des von Emily Weede initiierten Forschungsprojektes „Die Gemeinden des heutigen Seevetal im Nationalsozialismus“ präsentierte er erste, bisher zum Teil unbekannte Erkenntnisse. So beleuchtete er, dass die kleinen Dörfer, wie Hörsten oder Fleestedt, nicht das direkte Ziel alliierter Luftangriffe waren, sondern vielmehr Not- oder Fehlwürfe, die der Rüstungsindustrie in Harburg, Wilhelmsburg und Hamburg galten.

Eindrücklich zeichnete er die Lebenswege einzelner Menschen im NS-Regime nach und verdeutlichte die tiefgreifende Durchdringung der Gesellschaft durch neu geschaffene Ämter und Dienststellen, bevor er auf das Leid der verschiedenen Opfergruppen, politisch Verfolgte, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Zwangsarbeiter und viele mehr, einging.

Angesichts des großen Interesses an diesem Vortrag kündigte die Gemeinderatsvorsitzende Angelika Tumuschat-Bruhn einen weiteren Termin an. Sie führte durch den Abend und mahnte eindringlich: „Es waren Deutsche, die mit ihrer radikal völkischen, antisemitischen und zutiefst rassistischen Weltanschauung bis dato unvorstellbare Verbrechen begingen und Millionen Menschen töteten. Auch heute, 80 Jahre später, ist es unsere Pflicht, der Verantwortung dieser Schuld gerecht zu werden. Für uns bedeutet das: erinnern, mahnen und handeln.“

Als sichtbares Zeichen erhielten alle Anwesenden Armbänder mit einer Friedenstaube, denn „Nie wieder“ dürfe keine bloße Worthülse bleiben. „‚Nie wieder!‘ heißt immer erinnern. Und Erinnerungskultur lebt nur dann, wenn wir sie mit Haltung und Taten füllen. Wer es also ernst meint, stellt sich Rechtsextremen entgegen, widerspricht Hass und Hetze und engagiert sich mutig für unsere Gemeinschaft und unsere Demokratie. Denn unsere Freiheit, unser Miteinander und unser Frieden sind nicht selbstverständlich“, so Angelika Tumuschat-Bruhn.

Einen wesentlichen emotionalen Beitrag zum Abend leisteten die MUSAS aus Seevetal. Mit einer bewegenden musikalischen Reise, die von John Lennons „Imagine“ über das von den Kindern der MUSAS gesungene Lied von Udo Lindenberg „Komm, wir ziehen in den Frieden“ bis hin zu Dietrich Bonhoeffers tröstlichem „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ reichte, berührten die engagierten Musikerinnen und Musiker die Herzen des Publikums. Dirigent Carsten Klein führte mit seinen Musikmoderationen und Denkanstößen durch das Konzert.

In der Pause bot sich den Gästen eine besondere Möglichkeit, ihre eigenen Gedanken in ein gemeinsames Kunstwerk einfließen zu lassen. Sie konnten einen persönlichen Beitrag zu einem Triptychon leisten, das von den Seevetaler Künstlern Max Schuran, Birger Timm und Bianca Ritter gestaltet wurde und so die Vielfalt der Erinnerungen und die Einheit im Gedenken auf einzigartige Weise vereinte.

Die Gedenkfeier in Seevetal war mehr als nur eine Erinnerung an ein historisches Datum. Sie war ein lebendiges Zeugnis von Vielfalt, Zusammenhalt und dem unerschütterlichen Willen, aus der Vergangenheit zu lernen und sich aktiv für eine friedliche und demokratische Zukunft einzusetzen.

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