24.09.2025 Wirtschaft & Verkehr – ein

Rücksicht statt Rage

Mehr Gelassenheit und mehr Respekt

Buchholz – Warum gelingt es so vielen Menschen im Straßenverkehr nicht, sich in andere Verkehrsteilnehmende hineinzuversetzen und rücksichtsvoll zu handeln? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Veranstaltung „Rücksicht statt Rage“, zu der das Klimaforum Buchholz am Montag als Schlussveranstaltung der Europäischen Mobilitätswoche eingeladen hatte.

Den Impulsvortrag hielt Kirsten Lühmann, Präsidentin der Deutschen Verkehrswacht. Die Moderation übernahmen Grit Weiland und Michael Wiese vom Klimateam Mobilität des Klimaforums. „Wir wollten gezielt Reibungspunkte zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden aufgreifen und Wege aufzeigen, wie wir mit gegenseitiger Rücksicht besser vorankommen“, sagte Grit Weiland. „Die vielen konkreten Lösungsvorschläge aus dem Publikum stimmen uns zuversichtlich, dass mehr gegenseitiges Verständnis im Straßenverkehr nicht nur möglich, sondern längst überfällig ist“, ergänzte Michael Wiese.

Kirsten Lühmann, ehemalige Polizistin und Bundestagsabgeordnete, zeigte in ihrem Vortrag anschaulich auf, wie Technik, Infrastruktur und Verhalten zu Konflikten, aber auch zur Konfliktlösung im Straßenverkehr beitragen. So seien jährlich rund 6.000 Unfälle in Deutschland auf Ablenkung durch das Smartphone oder Bordtechnik zurückzuführen. Die Unfallgefahr beim Tippen am Steuer sei um das 3,6-fache erhöht. Als Lösungsansatz nannte sie unter anderem softwareseitige Sperren für nicht benötigte Funktionen während der Fahrt.

Auch bei der Infrastruktur sieht Lühmann Handlungsbedarf. Oft fehle die räumliche Trennung zwischen Verkehrsarten, was zu Unsicherheit und Aggression führe. Kommunen müssten hier mutiger umgestalten, wie das Beispiel Mainz zeige, wo durch mobile Sitzgelegenheiten und Grüninseln flexible Lösungen für Fuß- und Radverkehr geschaffen wurden.

Beim Thema „Verhalten im Verkehr“ warb Kirsten Lühmann für mehr Anreize statt Strafen: „Wir brauchen positive Vorbilder und eine Kultur der defensiven Rücksichtnahme, nicht nur Regeln, sondern auch Verständnis füreinander.“

Martha Vogelsang, ehemalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Buchholz, für die Perspektive des Fußverkehrs, forderte klar getrennte Fußwege – insbesondere im Hinblick auf gefährliche Situationen mit E-Scootern. Rosanna Sievers betonte, dass sich auch der ADAC längst für die Mobilitätswende einsetze: „Wir müssen alle Verkehrsarten in den Blick nehmen. Es geht nicht darum, das Auto auszuschließen, sondern den Raum fair und sicher zu gestalten. Letztlich wollen wir alle dasselbe, sicher von A nach B kommen.“ Peter Eckhoff (Buchholz fährt Rad) plädierte für Verkehrserziehung auch nach der Grundschule. Zwischen Fahrradprüfung und Führerschein gebe es eine gefährliche Lücke. „Viele junge Leute wissen schlicht nicht, wie sie sich im Straßenverkehr verhalten sollen. Und woher auch?“ Kirsten Lühmann betonte, dass es Netze brauche, die alle sicher vom Start- zum Zielpunkt führen, angepasst an den jeweiligen Modus. Ihr Appell: „Verlangt nichts Unmögliches, aber macht vieles möglich!“

Festgestellt wurde in der abschließenden Publikumsdiskussion aber auch, dass die meisten Verkehrsteilnehmer sowohl Rad- als auch Fußgänger und Autofahrer sind. Warum wir gerade deshalb einen Perspektivwechsel nicht hinbekommen und zum Beispiel als Radfahrer bekannte Regeln brechen, auf deren Einhaltung wir als Fußgänger in Sachen Sicherheit dringend angewiesen sind, auf diese Frage gab es im Publikum nur ein verschmitztes Lächeln. Zum Schluss brachte sich auch das Publikum engagiert ein. Ein Gast forderte, dass auch Autofahrerinnen und Autofahrer regelmäßig ihre Kenntnisse auffrischen müssten. Ein anderer schlug vor, bewusst mit einem Lächeln statt mit Ärger zu reagieren. Das könne viele angespannte Situationen sofort entschärfen.

Nach oben scrollen