04.02.2025 – Redaktion
Seevetaler Schriften
Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Buchholz – Hat ein Archivar vor allem mit verstaubten Akten und lauter Zeug aus der Vergangenheit zu tun? „Im Gegenteil“, findet Dr. Jörn Lindner. „Der Job ist spannend und bildet eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart.“ Der Sozial- und Wirtschaftshistoriker arbeitet seit vier Jahren als stellvertretender Leiter im Gemeindearchiv Seevetal. Erst kürzlich ist sein Buch „Nordheidesplitter“ erschienen, der dritte Band der „Seevetaler Schriften“ – Anlass, ihm ein paar Fragen zu stellen.
Was fasziniert Sie an Ihrem Job im Gemeindearchiv?
Dass keine Woche wie die andere ist. Der Job ist so unglaublich vielfältig und man findet immer wieder Neues. Entweder beim Verzeichnen von Akten, beim Katalogisieren von Fotos, beim Beantworten von Anfragen. Jedes Thema ist da anders und doch hängt am Ende vieles zusammen. Wie bei einem Puzzle, wo immer neue Teile dazukommen und am Ende ein Gesamtbild ergeben.
Wie ist das aktuelle Buch zustande gekommen?
Das neue Buch lebt genau davon. Man findet spannende Dinge und denkt: „Mensch, da muss man mal was draus machen.“ und legt sie erstmal beiseite. Und jetzt kam die Gelegenheit, all diese Funde einmal in Ruhe zu bearbeiten. Dabei passierte es in nahezu jedem Text, dass am Ende etwas Anderes herauskam, als anfangs gedacht – immer wieder eine unerwartete Wendung, immer wieder Neues eben.
Warum der Titel?
Der Titel spielt auf die Vielschichtigkeit des Themas an. Es waren sehr viele Einzelaspekte, die ich zusammengeführt habe und viele einzelne Aspekte ergeben am Ende dann ein Gesamtbild – wie viele Splitter ein Mosaik ergeben. Hier am Beispiel der Nordheide.
Wo ist da die Relevanz für die Gegenwart?
Der thematische Schwerpunkt des Buches liegt auf der Zeit zwischen 1919 und 1933. Durch die zahlreichen Krisen im Laufe der Weimarer Republik wendeten sich zahlreiche Gruppen und sogar ganze soziale Milieus von der demokratischen Republik ab. Sie forderten lautstark einfache Lösungen für komplexe Probleme, verbunden mit starken nationalistischen Forderungen. Dieser Weg führte direkt ins Jahr 1933. Soweit bekannt, es ist aber schon erschreckend, inwieweit sich aus dieser historischen Entwicklung im Süderelberaum starke Parallelen ins Heute ergeben.
Gibt es eine bestimmte Geschichte, die Sie besonders beschäftigt hat?
Das ist schwer, weil jedes Themenfeld seine eigenen Geschichten erzählt. Sei es die Entwicklung des Images der Heide von der unwirtlichen Ödnis zum allseits begehrten Paradies, die „Spanische Grippe“ 1918, die mit unseren Covid19-Erfahrungen ein völlig neues Gesicht bekam, Walther Dobbertin, dessen Fotografien unser Bild von Ostafrika bis heute prägen, die Kirchen, die Kriegerdenkmäler, das Landvolk – da gibt es so viele Details zu erzählen. Am Ende führte die bemerkenswerteste Volte von Hermann Burgdorf – dem Buchholzer Gemeindevorsteher in den 1920er Jahren – zur Forschung um die deutsche Atombombe.
Wo stellen Sie Ihr Buch noch vor? Gibt es Termine?
Am Samstag, den 15. Februar bin ich auf dem „Fest der Demokratie“ in den Buchholzer Höfen um 15.45 Uhr mit dem Thema „Der Umgang mit Kriegstoten – Zeitgemäße Erinnerung in Buchholz?“. Dort geht es am Beispiel der Kriegerdenkmäler um die Erinnerungskultur von der Weimarer Republik bis heute. Am Freitag, den 28. Februar, dann im Dorfhaus Maschen um 18.30 Uhr das Thema: „Städter auf dem Land – die Heidesiedler von Maschen und Horst“. Hier geht es um die Besiedelung der Heideflächen zwischen den Dörfern Maschen und Horst Anfang des 20. Jahrhunderts und wie sich das am Ende auf die beiden Dörfer ausgewirkt hat.