28.11.2024 – Gerd Demitz
Die Natur gewinnt
Eine neue Heimat für Wasserdrachen & Co.
Neben dem kleinen Wasserdrachen fühlt sich auch der Moorfrosch in den renaturierten Flächen wohl. Foto: Landkreis Harburg / Dietrich Westphal
Die Renaturierung am Drennhäuser Hinterdeich in der Elbmarsch hat sich ausgezahlt. Aus dem früheren Wiesenland ist längst ein Refugium für Amphibien geworden, seltene Arten Kammmolch & Co. haben dort ein neues Zuhause gefunden. Der Landkreis Harburg hat das Gebiet im Rahmen des Kompensationspools gestaltet. „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, zieht Silke Hiller, die bei der Abteilung Umwelt des Landkreises für den Kompensationspool verantwortlich ist, eine positive Bilanz. Hier gilt: „Die Natur gewinnt.“ Das zeigen auch die jüngsten Untersuchungen des Diplombiologen Dietrich Westphal. Er hat die beiden Stillgewässer der Projektflächen auf das Vorkommen von Amphibien kartiert.
Dabei konnte er auch mit Erfolg auf Drachenjagd gehen, denn der Drennhäuser Hinterdeich ist längst zur Heimat des Kammmolches geworden, des sogenannten „kleinen Wasserdrachens“. Mit bis zu 18 Zentimetern Größe zählt der Verwandte des Salamanders zu den größten und imposantesten Molchen in heimischen Gewässern. Zur „Hochzeit“ macht sich das Männchen besonders schön – und das hat der Art auch den Namen gegeben. Denn während der Fortpflanzungszeit formt sich ein hoher, tief gezackter Rückenkamm und ein seitlich abgeflachter, körperlanger Schwanz mit leuchtenden weißen Streifen, der Bauch färbt sich knallgelb mit schwarzen Flecken.
Doch wie alle mitteleuropäischen Amphibien macht auch dem Kammmolch die Zerstörung von Kleingewässern oder Umweltgifte zu schaffen. Nicht umsonst steht der kleine Wasserdrachen schon seit 1994 auf der Roten Liste und gilt als stark gefährdet.
Daher wurde der Landkreis am Drennhäuser Hinterdeich bereits vor zwölf Jahren aktiv. 2012 und 2017 wurden die beiden Stillgewässer zusammen mit weiteren flachen Senken angelegt. Der eine Teich hat immerhin eine Wasserfläche von rund 1000 Quadratmetern, das zweite Gewässer führt aufgrund der klimatischen Veränderungen nur bei feuchteren Sommern Wasser. Die angrenzenden Grünlandflächen wurden ausgehagert, das bedeutet, dass der Nährstoffgehalt vermindert wurde. Die Wiesen werden nun extensiv einmal jährlich gemäht. Im Frühjahr sind Senken und Grünlandflächen regelmäßig überschwemmt. Dadurch hat sich mittlerweile bei beiden Gewässern ein breiter Saum von Pflanzen gebildet. Der Breitblättrige Rohrkolben findet sich dort ebenso wie Flatterbinsen, Hochstauden und Schilf. Genau das führt dazu, dass sich die Amphibien wohlfühlen.
Biologe Westphal hat insgesamt sechs Arten kartiert, die weitgehend als besonders geschützt eingestuft sind. Neben Gras- und Seefrosch konnte Dietrich Westphal den Moor- und Teichfrosch sowie Teich- und eben Kammmolch sichten. Die ersten drei genannten Arten in Niedersachsen und Deutschland sind als besonders geschützt eingestuft, der Kammmolch sogar als streng geschützt. Der streng geschützte Kammmolch wurde nur im größeren Gewässer, dafür aber in so großen Anzahl festgestellt, dass Westphal begeistert war: „Das ist ein Vorkommen von herausragender Bedeutung für den Naturschutz in Niedersachsen“, so die Einschätzung des Biologen.
Im Zuge der Kartierungen hat Westphal zudem diverse Käferarten gesichtet. Darunter waren der Schwimmkäfer und der Große Kolbenwasserkäfer, zwei Arten, die ebenfalls auf der Roten Liste in Niedersachsen geführt werden.
Wenn durch ein Bauvorhaben in die Natur eingegriffen wird, muss eine Kompensationsmaßnahme als ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Als Service für Kommunen sowie gewerbliche und private Investoren bietet der Landkreis Harburg seit 2009 einen eigenen Kompensationspool an. So kann der Landkreis sinnvoll und zusammenhängend die Natur auf eigenen Flächen in allen drei Naturräumen des Landkreises – Geest, Marsch und Moor – entwickeln.